Oberste Priorität hat die Auszahlung von finanziellen Hilfen
Jeden Morgen, wenn Thomas Robert, Vorstand des jobcenters Kreis Steinfurt, ins Büro kommt und den Rechner hochgefahren hat, verschafft er sich erstmal einen Überblick über die aktuelle Situation. Dazu tauscht er sich mit den Kollegen der Personalabteilung, die wie er nicht im Homeoffice sind, aus. „Wir treffen uns auf dem Flur und halten selbstverständlich den nötigen Sicherheitsabstand ein“, so Robert. Er erfährt, welche Mitarbeitenden heute im Homeoffice arbeiten, wer in den zentralen Außenstandorten im Einsatz ist und wie viele an diesem Tag im Krisenstab des Kreises aktiv sind. „Die Bereitschaft der Kollegen sich dort einzubringen, ist seit dem ersten Aufruf des Landrats durchweg sehr groß. Insgesamt haben sich rund 90 Kolleginnen und Kollegen bereiterklärt, dort mitzuarbeiten“, führt Robert aus.
Die wichtigste Information für ihn: Gibt es Kollegen, die sich infiziert haben oder sich in Quarantäne befinden? Denn krankheitsbedingte Ausfälle sind in der jetzigen Situation schwer zu verkraften. „Im Jobcenter haben wir aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer Auswirkungen alle Hände voll zu tun“, betont Robert, bei dem alle Fäden zusammenlaufen. „Wir beraten und helfen Menschen, die aufgrund der Krise unverschuldet in finanzielle Not geraten.“
Dabei läuft der Betrieb des Jobcenters wie in fast allen Unternehmen und Behörden derzeit unter erschwerten Bedingungen. Alle Standorte sind für den Publikumsverkehr geschlossen, die meisten Kollegen arbeiten von zu Hause. Für eine Behörde, die beratend tätig ist und für die der persönliche Kontakt mit den Betroffenen wichtig ist, eine schwierige Situation, findet Robert und doch habe man Wege gefunden. Das ist auch nötig, denn die Zahl der Anfragen und Antragssteller für SGB II-Leistungen steigt wie erwartet auch im Kreis Steinfurt. Die Bundesregierung hatte in ihrem Ende März verabschiedeten Sozialschutz-Paket bereits unter Berücksichtigung der Branchen- und Einkommensstruktur allein mit bis zu 700.000 Solo-Selbständigen und bis zu 300.000 Selbständigen mit Angestellten, die aufgrund der Krise SGB II-Leistungen kurz Hartz IV beantragen könnten, gerechnet. Zusammen mit weiteren Anspruchsberechtigten erwartet sie ein Plus von 1,2 Millionen Bedarfsgemeinschaften, also Haushalten, die finanzielle Unterstützung zum Leben benötigen.
Im jobcenter Kreis Steinfurt sind die Kommunen für die Auszahlung der Gelder verantwortlich. Die Mitarbeitenden vor Ort bearbeiten die Anträge für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, beraten die Hilfesuchenden und helfen falls nötig beim Ausfüllen. Bis vor ein paar Wochen gab es dort offene Sprechstunden. „Dann kommen vor allem Neukunden oder solche, die mal eben ein kleines Problem abklären möchten“, erläutert Robert. Daneben vereinbaren die Sachbearbeiter in der Leistungsgewährung – so die offizielle Bezeichnung – natürlich auch zahlreiche feste Termine, um ausführlich mit den Betroffenen zu sprechen.
„Das ist jetzt alles nicht mehr möglich. Die Rathäuser sind zu“, so Robert. Gespräche finden jetzt ausnahmslos telefonisch statt. Denn die Arbeitsfähigkeit muss unbedingt gewährleistet werden. Schließlich hat die Geldauszahlung für das tägliche Leben derzeit oberste Priorität für das Jobcenter. „Die Betroffenen brauchen schnelle und sofortige Unterstützung“, fasst Robert zusammen, der damit ganz auf der Linie der Bundesregierung liegt. Diese hat, um möglichst vielen zügig und unbürokratisch zu helfen, den Zugang zu Grundsicherungsleistungen also dem Arbeitslosengeld II kurzfristig vereinfacht. So werden beispielsweise Vermögensprüfungen ausgesetzt und tatsächliche Wohnkosten voll übernommen bei Anträgen, die zwischen dem 1. März und dem 30 Juni gestellt werden. Auch die Bemessung des Kinderzuschlags wird vorübergehend an die gegenwärtige Situation angepasst. Diese Maßnahme soll insbesondere Familien mit geringem Einkommen stärken.
Das Ziel dieser Gesetzesänderungen: Niemand soll aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krise in existenzielle Not geraten. Daher sollen mehr Menschen als bisher Unterstützungen erhalten können. Für die Leistungsgewährung im jobcenter Kreis Steinfurt führt dies zwangsläufig zu einem erhöhten Antragsaufkommen. „Wir müssen deshalb unbedingt Sorge tragen, dass unsere Mitarbeitenden in der Leistungsgewährung gesund bleiben, um die finanziellen Hilfen bewilligen zu können“, erläutert Robert. Daher habe man zusätzlich ein Frühwarnsystem eingezogen, so dass die Jobcenterführung rechtzeitig sehen könne, wo aufgrund des Arbeitsaufkommens Unterstützung gebraucht werde. „Schließlich müssen wir mehr Personal zur Verfügung stellen können, wenn es in einzelnen Kommunen zwingend notwendig ist.“
Er selbst hoffe, dass die wirtschaftlichen Folgen der Krise nicht so gravierend ausfallen werden, wie führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten vorausgesagt haben. Dort rechnen die Ökonomen mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um über neun Prozent im zweiten Quartal. Auch wenn die Rezession weniger drastisch ausfällt, klar ist, dass das Jobcenter in den kommenden Wochen und Monaten vielen Menschen im Kreis helfen muss.