Aufregende Zeiten
Im August geht’s los. Dann startet Peter Hochweiß seine Umschulung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei Hans von der Heyde, einem Unternehmen der OKE Group in Hörstel, das im Bereich Sondermaschinenbau für die Automobil-, Haushaltswaren-, Elektronik- und Kunststoffindustrie tätig ist.
Bis dahin liegt ein sehr turbulentes Jahr hinter dem 37-Jährigen. Denn er kam erst im vergangenen August mit seiner Familie nach Deutschland.
Aufgewachsen ist er in Nursultan, der Hauptstadt von Kasachstan. Dort studierte er später Elektrotechnik und gründete eine Familie. Aufgrund der instabilen wirtschaftlichen und sozialen Situation sowie der Ermangelung der langfristigen Perspektiven für sich selbst und für seine Familie, besonders für seine Kinder, die hier in Deutschland über bessere Bildungs- und Karrierechancen verfügen würden, hat sich Hochweiß entschieden, seine Heimat zu verlassen und nach Deutschland auszuwandern.
Am 12. August 2020 war es dann soweit. Er reiste aus und kam zunächst ins Übergangslager Friedland nahe Göttingen und ein paar Wochen später nach Ibbenbüren.
„Ende Oktober kam er das erste Mal zu mir“, erzählt Ingo Hüttmann, Arbeitsvermittler im jobcenter Kreis Steinfurt. Hochweiß kam nicht nur ins Jobcenter, um Unterstützung zu erhalten, sondern er hatte einen genauen Plan. „Das war schon bemerkenswert“, gibt Hüttmann zu. Gemeinsam mit einem guten Freund, der bereits sechs Jahre zuvor sein Heimatland verlassen hatte, kam Hochweiß ins Jobcenter und teilte Hüttmann mit, dass er bei OKE anfangen wolle.
Hüttmann nahm daher Kontakt zum Unternehmen auf. „Wir standen dieser Idee sehr aufgeschlossen gegenüber“, so Sylvana Schröer, Ausbildungskoordinatorin von OKE. Denn auch der gute Freund von Hochweiß arbeitet bei OKE. Er hatte bereits 2014 eine Umschulung im Betrieb absolviert und persönlich bei seinen Vorgesetzten für Hochweiß geworben. „Wir sind immer auf der Suche nach guten Fachkräften und folgen den Empfehlungen unserer Mitarbeitenden gerne“, so Schröer weiter. Es folgte ein Vorstellungsgespräch, in dem Hochweiß überzeugte.
Im Februar begann er zunächst ein Praktikum im Betrieb. In den folgenden zwölf Wochen fiel er Thilo Schöpper, dem stellv. Konstruktionsleiter und Ausbilder im Bereich Elektro, auf: „Peter ist handwerklich geschickt, arbeitet sauber und selbstständig, daher haben wir ihm eine Umschulung angeboten.“ Bis zum Start seiner Umschulung arbeitet Herr Hochweiß im Rahmen eines Praktikums bei Hans von der Heyde, um praktische Erfahrungen zu sammeln und um die Kollegen kennenzulernen. Dienstbeginn ist morgens um sechs Uhr, mittags ist Feierabend. Zumindest im Betrieb, denn zuhause nimmt er Privatunterricht, um die deutsche Sprache noch besser zu lernen. „Ich konnte zwar schon ein wenig Deutsch als ich hierherkam, aber um in der Berufsschule erfolgreich zu sein, muss ich mich noch verbessern“, weiß der 37-Jährige.
Denn die Umschulung ist schwierig. Statt wie üblich dreieinhalb Jahre wird Hochweiß die Ausbildung in zweieinhalb Jahren durchlaufen müssen. Im Betrieb wird er in dieser Zeit Einblick in alle produzierenden Abteilungen am Standort erhalten. Darüber hinaus bietet das Unternehmen ihm dann einmal wöchentlich Deutschunterricht an, während die anderen Auszubildenden Englisch lernen. „Wir sind ein international agierendes Unternehmen mit weltweit 1.900 Beschäftigten an zwölf Standorten. Da ist es wichtig, dass wir unsere Kollegen entsprechend schulen“, führt Schröer aus.
Ingo Hüttmann vom Jobcenter arbeitet im Hintergrund weiter für Hochweiß. Er stellt Förderanträge, organisiert Sprachkurse und lässt derzeit das in Kasachstan erworbene Diplom von Hochweiß anerkennen. „Das Jobcenter kümmert sich um alle Anträge und Behördenschreiben. Ein Anruf genügt. Das macht es für uns einfacher“, beurteilt Schröer die Zusammenarbeit.
Hochweiß freut sich derweil, dass bislang alles gut funktioniert: „Meine Familie fühlt sich wohl in Ibbenbüren. Die Arbeit macht mir Spaß.“ Er hofft, dass sein Plan aufgeht und er in 30 Monaten festangestellter Elektroniker für Betriebstechnik bei der OKE Group ist.